Im Interview: O. Scheidegger, F. Hersberger, Dr. C. Stutz


Vor 10 Jahren, Anfang 2006, wurde das baslerbauforum – kurz bbf – gegründet. Initiator der Idee und erster Präsident war der Architekt und UBS-Immobilienfonds-Manager, Alfred Hersberger. Unterstützt wurde er in seinem Anliegen von alt Regierungsrat Dr. Christoph Stutz.
Gründungsmitglieder respektive die ersten Vorstandsmitglieder waren – neben Alfred Hersberger – Dr. Christoph Stutz, Thomas Glanzmann, Urs Degen, Heinz Jecker, Erwin Hueter und Regula Ruetz. Die Idee einer solchen Organisation stiess auf ein breites Echo. Bereits nach wenigen Monaten durfte der Präsident am Initialanlass vom 12. Juni 2006 im Restaurant Löwenzorn über 30 Mitglieder begrüssen.
Wir wollten wissen, was die Beweggründe damals waren, diese Organisation ins Leben zu rufen, was die ursprüngliche Idee zu dieser Organisation war, was daraus geworden ist und wohin sich das baslerbauforum weiter entwickeln will.
Alfred Hersberger, Christoph Stutz und der heutige Präsident, Oliver Scheidegger, warfen im Gespräch mit Regula Ruetz einen Blick zurück und formulierten auch Wünsche für die Zukunft des baslerbauforums.

Regula Ruetz/RR: Wie bist du auf die Idee des „baslerbauforum“ gekommen, was waren deine Beweggründe?

Alfred Hersberger/AH: Die Unzufriedenheit im Bau- und Planungsgewerbe war damals gross. Deshalb wurde dazu über den Gewerbeverband eine Umfrage im Gewerbe durchgeführt. Diese zeigte auf, dass die Bauwirtschaft und insbesondere das Baugewerbe mehr Mitspracherecht bei Raumplanungs- und Bauanliegen aber auch in politischen Kommissionen einfordern muss. Auch wollten wir einen öffentlichen Diskurs zu Projekten und Anliegen der Bauwirtschaft anstossen und den übergreifenden Dialog aller Stakeholder im Basler Siedlungsraum aktivieren. Das gab uns die Initialzündung, das baslerbauforum zu gründen.


RR: Nach welchen Kriterien wurden die Mitglieder ausgesucht?

AH: Wir wollten regionale Meinungs- und Entscheidungsträger auch von ausserhalb des Baugewerbes, also aus der Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Verwaltung, Kultur und dem Verkehr gewinnen. Zuerst formulierten wir ein Leitbild, das noch heute seine Gültigkeit hat, dann erstellten wir eine Wunsch-Kandidatenliste. Wir wollten singuläre Charaktere oder Berufsleute aufnehmen. Potenzielle Mitglieder wurden nur angefragt, wenn über deren Aufnahme ins bbf Einstimmigkeit im Vorstand bestand.


Christoph Stutz/CS: Als Mitglied, welches nicht aus der Baubranche stammte aber für das bbf einen grossen Gewinn bedeutete, möchte ich beispielsweise Gudrun Heute-Bluhm, die damalige Oberbürgermeisterin von Lörrach erwähnen. Sie hat sich stark für unsere trinationale Region eingesetzt und diese Sichtweise auch eingebracht.

RR: Wie wurde die Gründung des bbf aufgenommen?

CS: Mit dem Gründungsanlass am 12 Juni 2006 wurde einiges in Bewegung gesetzt. Mit dem bbf schufen wir ein Instrument und ermöglichten Massnahmen zur Verbesserung der nicht zufriedenstellenden Situation. Wir riefen eine Plattform ins Leben, um den offenen Gedankenaustausch untereinander frühzeitig zu pflegen. Denn um gegenüber der Politik eine gewichtige Stimme zu haben, bringen Einzelvorstösse im Parlament wenig. Wir haben nur eine Chance, gehört und berücksichtigt zu werden, wenn wir uns als Sprachrohr von wesentlichen Anliegen breiter Kreise und gewichtiger Leute in die Diskussion einbringen können. So können wir Agenda Setting machen und Einfluss auf Themen oder Geschäfte nehmen, bevor politische Entscheide getroffen werden. Eine ausführliche Medienberichterstattung hilft uns natürlich dabei.


AH: Wichtig scheint mir auch, dass wir ein Thema mehrfach aufnehmen, sonst wird es als erledigt abgetan.

RR: Stichwort „Thema“, wie ging man bei der Auswahl vor?

CS: Wir haben Themen aufgegriffen, bei denen das bbf noch Einfluss nehmen konnte. Dabei haben wir häufig mit Analogien gearbeitet. An unsere Anlässe haben wir Referierende aus anderen Kantonen oder Städten eingeladen, die aufzeigten, welche Lösungen sie in den Bereichen Verkehr, Raumplanung oder Stadtentwicklung erfolgreich umgesetzt haben. So quasi als Best Practice-Beispiel.


AH: Zum Thema „Zürich“ und „attraktive Innerstadt“ hatten wir 2006 die Stadträtin Martelli eingeladen, zum Thema „Der Rhein als Lebensraum“ 2009 einen Vertreter aus Düsseldorf. Gleichzeitig gab es jeweils immer auch einen Referenten oder Podiumsteilnehmer aus unseren Reihen.

CS: Die Themen „öffentlicher Verkehr“ und „Stadtentwicklung“ waren und bleiben bestimmt Schwerpunkte des bbf. Das baslerbauforum soll ein bisschen der Stachel im Fleisch sein, indem beiseitegeschobene oder heikle und kontroverse Themen in einem frühen Stadium aufgegriffen und zur Diskussion gebracht werden.

RR: Welchen Einfluss hatte und hat das bbf bei den aufgenommenen Themen?

Oliver Scheidegger/OS: Wie viel wir bewirken können, ist meist nicht messbar. Selbstkritisch müssen wir zugeben, dass es uns nicht immer gelingt, Ängste vor Veränderungen oder Projekten zu nehmen, wie beispielsweise bei der geplanten Hafenanlage oder der Wohninsel im Rhein, deren Bedeutung mit der Bezeichnung „Rheinhatten“ negativ besetzt worden ist. Wir versuchen trotzdem fern von politischer couleur eine sachliche, themenbezogene, qualitativ hochstehende Diskussion anzuregen. Dabei wollen wir auch die Politik integrieren und einen Beitrag zur Meinungsbildung leisten.


CS: Genau. Wir sind keine Fingerzeig-Lobby-Organisation. Unsere Aufgabe ist nicht die Bewirtschaftung des Souveräns sondern die Vorbereitung eines wichtigen Themas auf dem Weg zur Entscheidung.

OS: Manchmal frage ich mich aber auch, was eigentlich nach einem guten Anlass von den vielen Anregungen und Diskussionen geblieben ist, wenn danach einfach nichts passiert. Das schafft ein gewisses Unbehagen.

RR: Was werden bbf-Themen der Zukunft sein, wie will sich das bbf positionieren?

OS: Wir werden uns nach wie vor mit regionalen Themen beschäftigen wie beispielsweise mit Regulierungen, Bewilligungen oder Richtplänen. Wir werden uns aber auch mit Fragen zur regionalen Raum- und Stadtentwicklung und den grossen, wichtigen Projekten in diesem Bereich befassen.


RR: Was sind eure Wünsche an das bbf für die Zukunft?

AH: Dass das bbf weiterhin für die Region wichtige, strategische Fragen bearbeitet und die bisherige Flughöhe beibehält – auch bei der Auswahl der Mitglieder.
CS: Dass die Region noch mehr im Vordergrund steht. Wir sollten auch immer wieder die aufgenommenen Themen überprüfen, ob sie in der Zwischenzeit erledigt wurden oder ob nachgestossen werden muss.
OS: Ich wünsche mir, dass wir das Niveau unserer Anlässe beibehalten können und einen sachlichen, fachlichen und kontradiktorischen Beitrag zur Diskussion leisten können.